Dienstag, 12. Juni 2012

Clash of Realities 2012 (1/3)

Ist schon etwas her, aber am 24. Mai war ich auf der "Clash of Realities" Conference in Köln und durch diesen dreiteiligen Bericht könnt ihr auch davon profitieren ;)

In Köln gibt es nämlich neben der GamesCom auch die Cologne Game Labs, ein Institut, das den Masterstudiengang "Game Design" anbietet und engen Kontakt zur Videospiel- und Filmbranche pflegt. Alle 2 Jahre wird dort eine kostenlose Vortragsreihe veranstaltet, bei der es um Theorie und Praxis des Game Designs geht. Und zwar auch im allgemeinen Begriff außerhalb von Videospielen.

Ich habe den Course "Indie vs Mainstream" gewählt, da er die meisten praktischen Berichte und eben den interessanten Überbegriff beinhaltete.

Als Einstieg wurde eine kurze Darstellung von "Indie"-Bewegungen in der Kunstgeschichte gegeben. Überraschend fand ich, dass die "truen" Indie-Künstler Anfang des 20. Jahrhunderts der Fotografie sehr feindlich gegenüberstanden. Anti-Kommerzialismus und Anti-HighTec ziehen sich durch diese Entwicklung.
Danach haben dann drei aktuell erfolgreiche Indie-Entwickler einen Einblick in ihre Vorgehensweise bei der Entwicklung gegeben.
Dabei waren (Bitte Plattformer und Rätselspiel als gegeben sehen):


Where ist my heart?

(Kay Küsken - Die gute Fabrik)

Dieses Spiel handelt von einer Familie bestehend aus drei kleinen Monstern, die das erste Mal seit einiger Zeit ihr Baumhaus verlassen und sich in der Außenwelt verlaufen. Auf der Suche nach Herzen müssen sie sich in "Lost Vikings" Manier mit ihren unterschiedlichen Fähigkeiten unterstützen.
Die Clous dabei sind:
  • die Level, deren Bestandteile zufällig miteinander ausgetauscht werden, damit die Orientierungslosigkeit verstärkt wird
  • die verschiedenen Charaktere der Monster - z.B. weint eins beim Tod eines anderen, das andere interessiert sich nicht dafür - lassen die Familie glaubwürdig erscheinen und zusammenwachsen
  • weitere Rätselmechaniken durch Superkräfte der Monster, die durch Metaphern für die Charaktereigenschaften der Monster beschrieben sind
Ich fand dabei die Möglichkeiten interessant, die genutzt wurden um die Beziehungen in dieser ungewöhnlichen Familie zu intensivieren, wobei ich mich frage, wie viel von diesen feinen Details beim Spieler ankommen. Am besten mal selbst ausprobieren ;) Gibts auf PSP und PS3 im PSN.
Entwickler sind ¨übrigens "Die gute Fabrik", die mir schon bei der GDC durch "Johann Sebastian Joust" gefallen haben.

Lume

(Lou Whittaker & Katherine Birdwell - @state_of_play)
 
Lume hat sich die Definition eines Indie-Spiels geschnappt und lässt kindlich designte Charaktere in einer farbenfrohen Welt herumlaufen und Schiebe- & Kombinationsrätsel lösen.
Erst nach ein paar Minuten während der Präsentation wurde mir klar, dass das gesamte Leveldesign per Hand als Papercraft gefertigt wurde. Dieser Twist war schon nicht schlecht. Die Entwickler haben aus ihrer Not keine digitalen Levels erstellen zu können eine Tugend gemacht und innerhalb von 6 Monaten die Welt von Lume gebastelt, digitalisiert und ein paar Rätsel integriert.
Am interessantesten fand ich, dass sie die Welt auch per Hand abgefilmt haben und diese Kameraschwenks passen überraschend gut als Kameraführung während des Spielens. Dass sich die Entwickler dann verschiedene Grafik-Techniken bei Beleuchtung und Materialien sparen konnten ist natürlich ein netter Nebeneffekt.

Aber so ganz konnte mich das nicht überzeugen, da die Welt - verständlicherweise - recht klein geraten ist und die Story, dass man Hight-Tech mit "handgemachtem" repariert mich auch nicht vom Hocker reißt :D
Lume 2 sah aber ganz vielversprechend aus und der Erfolg sei Ihnen gegönnt!!

Tiny & Big


heißt eine Indie Hoffnung aus Deutschland und hat auch schon einige nationale und internationale Preise eingeheimst.
Zu Recht, denn vor allem der comicartige Grafikstil und die Rätsel-Hilfsmittel >>> LASER <<< >>>ROPE<<< und >>>ROCKET<<< mit denen man die Landschaft nach Belieben zurecht schneiden, ziehen und katapultieren kann. Von der Rätsel-Art her erinnert es mich an Touch Rätsel Spiele wie Slice It.
Natürlich macht dies in Verbindung mit einem 3D Platfomer eine ganz andere Art von Spaß. Und da die erste Episode günstig bei Steam zu erwerben ist, ist es mehr als einen Test wert!!

Das Entwicklerstudio war auch sehr sympathisch und arbeitet schon lang daran ihre Engine aus Studienzeiten zu verbessern. Ein gutes Interview bietet der Podcast "Indie Fresse" von Superlevel.

Fazit Teil 1

Bei diesen Vorstellungen wurde mir vor allem klar, dass:
  • "Indie" bei Videospielen für mich nicht mehr für (Independant of ...) steht, sondern einfach für etwas mehr Innovation in der Branche. Die Entwickler dieser drei Spiele sind froh mit etablierten Publishern und Distributionsplattformen zusammenarbeiten zu können und ihre IP fortzuführen. Der wichtigste Punkt um "Indie" zu bleiben, ist es an seiner künstlerischen Vision festhalten zu können und nicht nach marketinggesetzen zu ändern.
  • ein erfolgreiches innovatives Spiel offensichtlichen Input aus Game-fremden Bereichen (Outdoor-Survival, Papercraft, Comic-Zeichnungen) in die Gaming Welt bringt. Und da wird es noch einiges zu entdecken geben!
  • in den Showrunner Spielen der Indie Szene viel Arbeit steckt.
  • man sich auf seinen wichtigen Teilaspekt des Spiels konzentrieren sollte und nicht in Nebengebieten verloren geht.